Bellersen ist ein Dorf der Stadt Brakel im Kreis Höxter. Es liegt als Haufendorf landschaftlich gut eingebunden im Tal der Brucht.
Im Rahmen des mittelfristigen Entwicklungskonzeptes für Ostwestfalen-Lippe wurde 1992 der Wettbewerb "Tourismusmusterdorf" durchgeführt, aus dem Bellersen zusammen mit dem Nachbardorf Vörden als Sieger hervorgingen. Ziel dieses Wettbewerbs war, den starken Strukturwandel der Landwirtschaft, des Handwerks und der Dienstleistungen in den Dörfern durch gezielte Maßnahmen zur Entwicklung eines ländlichen Tourismus aufzufangen.
Bellersen hatte zum damaligen Zeitpunkt außer dem Hotel und Restaurant Mühlenkrug und einer Pension so gut wie keine touristische Einrichtung. Mit einer beispielhaften Integralen Förderung des Landes, des Bundes und der EU mit Mitteln der Tourismusförderung, Wirtschaftsförderung, Dorferneuerungsförderung, Flurbereinigungsförderung, Straßenbauförderung, LEADER-Förderung und mit Fördermitteln der NRW Stiftung wurde Bellersen im wahrsten Sinne zu einem Tourismusmusterdorf entwickelt.
Diese Entwicklung war und ist nur möglich durch das außerordentliche Engagement der Bellerser Bürgerinnen.
Im Einzelnen wurden folgende Maßnahmen durchgeführt:
1. Dorfgerechte Gestaltung der Straßen, Plätze und Wege im alten Dorf aus Tourismus-, Dorferneuerungs- und FlurbereinigungsmitteIn. Dazu gehören ein Spielplatzbereich mit Brunnen, die Wiederherstellung des Mühlendammweges am Mühlengraben sowie umfassende Entsiegelungs- und Bepflanzungsmaßnahmen.
2. Ca. 30 private Dorferneuerungsmaßnahmen, bei denen die Eigentümer mit großem Engagement ihre Häuser wieder dorfgerecht gestaltet haben.
3. Die Umnutzung einer zentral gelegenen Scheune zu einem "Werkhaus" als Haus des Gastes mit Mitteln der Tourismusförderung.
4. Die Anlage eines Wohnmobilhafens mit 21 Stellplätzen am Dorfrand mit Tourismusfördermitteln.
5. Die Errichtung eines Feriendorfes "Natur pur" mit 10 Häusern mit Ferienwohnungen am Dorfrand durch Bellerser Investoren mit Wirtschaftsfördermitteln.
6. Die Einrichtung eines Kreativhofes als private Künstlerwerkstatt in einem dorfbildprägenden alten Fachwerkhaus und einer Töpferwerkstatt in einem Kötterhaus mit DorferneuerungsmitteIn.
7. Die Einrichtung eines Dorfmuseums mit "Urdorfausstellung" in einem alten Bauernhaus mit Tourismusfördermitteln.
8. Die Anlage eines 3 km langen "Erfahrungsweges der Sinne" mit Tourismusfördermitteln.
9. Die Anlage eines Dorfteiches am Ortsrand mit Tourismusfördermitteln.
10. Die Anlage eines 6 km langen "Agrarhistorischen Weges" mit 15 Informationstafeln aus Flurbereinigungsmitteln.
11. Der Bau eines Radweges von der Ostwestfalenstraße nach Bellersen aus Straßenbaumitteln.
12. Die Sicherung der Bruchtaue zur extensiven Grünlandnutzung durch Bodenordnung und Ankauf von Grundstücken im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens.
13. Bewirtschaftung der extensiven Grünlandflächen durch alte Haustierrassen wie Heckrinder und Pferde in Eigeninitiative von Bellerser Bürgerinnen, sowie durch Weideschweine im Rahmen eines Forschungsprojektes der LÖBF/LAfAO und der NRW-Stiftung.
14. Erhaltung der Streuobstwiesen und Verwertung des Obstes über die Einrichtung einer Schnapsbrennerei (LEADER-Förderung), Einrichtung eines Streuobstwiesenlehrpfades (Flurbereinigungsförderung).
Die Grundlage für die Dorfentwicklung und die Entwicklung des ländlichen Tourismus in Bellersen war von vornherein die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens, das von der Bellerser Bevölkerung ausdrücklich erwünscht wurde.
Durch die Flurbereinigung werden die Eigentumsgrenzen im alten Dorf an die durch die Dorferneuerung geschaffenen neuen Nutzungsgrenzen zwischen Straßenflächen und Privatflächen angepasst Maßnahmen wie die Anlage des "Erfahrungsweges der Sinne", des "Agrarhistorischen Weges", des Radweges und der Sicherung der Bruchtaue sind erst mit Hilfe der Flurbereinigung möglich geworden. Besonders hervorzuheben bei der Entwicklung Bellersens zum Tourismusmusterdorf in den letzten Jahren ist die gute Abstimmung der verschiedenen Fördertöpfe des Landes im Sinne einer integralen Förderung.
Herauszustellen ist, dass parallel zu der öffentlichen Förderung sich in Bellersen eine äußerst aktive Dorfgemeinschaft entwickelt hat, die die Gewähr gibt, dass Bellersen auch langfristig ein lebendiges Dorf bleibt. Die Dorfgemeinschaft unter Führung des Heimat und Verkehrsvereins hat sich das Ziel einer ganzheitlichen Dorf-erneuerung und -entwicklung gesetzt.
Besondere Schwerpunkte sind die Kultur und die Natur. Bellersen ist das Dorf B. in der Novelle "Die Judenbuche" von Anette von Droste Hülshoff. Dies wird bewusst bei der Tourismuswerbung herausgestellt.
Zum Angebot Kultur gehören weiterhin der Kreativhof, die Töpferwerkstatt, das Werkhaus mit vielseitigen Kursangeboten, das Dorfmuseum mit Urdorfausstellung, der Erfahrungsweg der Sinne und der agrarhistorische Weg. Im Bereich der Natur ist besonders die Entwicklung der Bruchtaue in Richtung extensives Grünland und die Erhaltung und Entwicklung der großen Streuobstwiesenhude im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens zu nennen.
Aufbauend darauf haben die Bellerser Bürger eine extensive Beweidung dieser Flächen mit alten Haustierrassen organisiert , zur Zeit mit Rindern, Schweinen und Pferden. Hinzukommen sollen noch Schafe, Ziegen, Gänse und Hühner. Auf Initiative des Heimat und Verkehrsvereins wird das Obst aus den Streuobstwiesen zu Schnaps gebrannt. Alle diese Aktivitäten werden bewusst in der Tourismuswerbung eingesetzt und haben Bellersen zu einem attraktiven Ferienort gemacht.
Mit der Anerkennung als staatlich anerkannter Erholungsort im Jahre 1999 wurde dies vom Land gewürdigt. Die Übernachtungszahlen sind durch das Feriendorf und den Wohnmobilhafen stark angestiegen. Dadurch konnten auch neue Arbeitsplatze geschaffen werden. Im Jahr 1997 wurde Bellersen Teil des anerkannten OWL-Expo-Projekts "Dorf der Zukunft" mit weiteren 7 Dörfern in Ostwestfalen-Lippe und hat mit anderen Dörfern zusammen das 1.Dorffestival in Ostwestfalen-Lippe im Juli 2000 ausgerichtet.
Eine ganzheitliche Dorfentwicklung mit einer gelungenen integralen Förderung und eine aktive Dorfgemeinschaft haben Bellersen in weniger als einem Jahrzehnt zu einem Modelldorf des ländlichen Tourismus gemacht mit einer Vorbildfunktion, die weit über Nordrhein-Westfalen hinaus geht.